Dein ist das Reich von Katharina Döbler Hardcover ISBN: 978-3546100090 |
Gute Charakterstudie von "Kolonialmenschen"
Die Autorin hat sich anhand ihrer eigenen Familiengeschichte ein spannendes Thema für ihren Roman gesucht. Ihre Familie, Eltern, Großeltern sind aus einer Missionarsfamilie. Ihre Geschichte erzählt sie. Als Ich-Erzähler, der die Familiengeschichte anhand von Erzählungen, Fotos. Es die Geschichte einer kleinen Missionsgesellschaft in Bayern. Sie haben Missionare in Neuguinea, welches teilweise und kurzzeitig deutsche Kolonie war.
Zu Beginn sollte man wissen, dass der Roman keine schnulzige Liebesgeschichte ist und auch keine Abrechnung gegen den Kolonialismus. Es ist eine Familiengeschichte, die vor allem zeigt, welche sehr unterschiedlichen Charaktere in dieser abgeschlossenen Welt gelebt haben. Die Autorin mahnt nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, die Untaten des Kolonialismus an, sie erzählt eher nüchtern, aber auch kritisch in Form der Ich-Erzählerin, die in einer ganz anderen Zeit lebt als die Großeltern.
Für mich hat sie ein sehr realistisches Bild der Kolonialmenschen
gezeigt, auch wie sie die Indonesier sehen: als Kinder, die Führung
brauchen. Das ist rassistisch, aber so war und ist leider zum Teil das
Denken bis heute. Die Missionstätigkeit beruht auf diesem Denken,
ansonsten wäre Mission unnötig.
Sehr hilfreich war der Ahnenstammbaum am Anfang des Buches, denn ich
kam durch die Handlungs- und Zeitsprünge sehr durcheinander, aber das
zurückblättern zum Stammbaum hat mir dann geholfen. Interessant fand
ich, dass sie keine alten Fotos abgebildet hat, sondern diese sehr
detailliert beschrieben hat. Das war anfangs etwas anstrengend, aber als
ich mich mehr darauf eingelassen hatte, konnte ich mir in meiner
eigenen Vorstellung die Menschen sehr gut vor mir sehen und auch ihre
Häuser etc.
Mir hat der Roman sehr gefallen, gerade weil er nicht kitschig ist
und auch nicht mit erhobenem Zeigefinger den Rassismus anprangert.
Dennoch zeigt der Roman, rassistische Vorstellung von Menschen, die
glauben Gutes tun. Und das hat sich bis heute wenig verändert, wenn man
mal genauer schaut bei den sogenannten „Entwicklungshilfeprojekten“. Die
Autorin hat differenziert geschrieben und sehr gut die Charaktere der
Großelterngeneration eingefangen. Ich hätte gerne noch mehr gelesen,
über die Zeit auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Vielleicht gibt es ja
noch einen Teil, denn das Leben der Missionarsfamilien würde noch mehr
Stoff hergeben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen